Reiseberichte

Elba Teil 1

Elba Teil 1

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Napoleon, Strand und Eisenerz

Text und Fotos: Raimund Binder

Venus, die römische Göttin der Liebe, soll einst einen Edelstein verloren haben. Heute liegt er im Mittelmeer zehn Kilometer vor der Toskanischen Küste und trägt den Namen Elba. Soweit die Legende. Das große Angebot von Hotelanlagen, Feriendörfern und Campingplätzen auf der Insel kann dem Touristenansturm in der Hochsaison kaum gerecht werden. Ein Besuch im Sommer ist daher ohne frühzeitige Reservierung nicht ratsam. Das trifft nicht unbedingt den Geschmack aller Wohnmobil-Reisenden. Wer das Juwel der Venus in vollem Glanz erleben möchte, besucht Elba am besten in der Vor- oder Nachsaison. Von Ostern bis Juni, von September bis weit in den Oktober kann mit ausreichend Platzangebot zu reduzierten Preisen eine friedliche Insel erkundet werden. Vom Badeurlaub in wohl temperiertem, glasklarem Meerwasser über Tauchen, Bergsteigen und Radfahren bis hin zu wunderbaren Küstenwanderungen hat Elba viel zu bieten.

Von Piombino setzen die Fähren vom italienischen Festland nach Portoferraio, Rio Marina oder Porto Azzuro über. Das garantiert fast zu jeder vollen Stunde eine zügige Passage. Auf Elba selber gibt es keine Entfernungen mehr. Die Insel wäre in einigen Stunden umrundet, wenn die Vielzahl der malerischen Ziele nicht dauernd zum Verweilen einladen würde.

Die Spuren des Kaisers

In Elbas Hauptstadt Portoferraio, zu Deutsch „Eisenhafen“, empfängt der Torre Martello als Teil einer mächtigen Befestigungsanlage jedes einlaufende Schiff. Die Stadt wurde von Cosimo de Medici als Cosmopoli gegründet und laut Admiral Nelson zum sichersten Hafen des Mittelmeeres ausgebaut. Das Fort Stella über dem Darsena-Hafen prägt das Bild der Altstadt, in deren Gassen ein gemütlicher Bummel ebenso entspannt wie der Besuch eines Restaurants, Kaffees oder einer Eisdiele an der Hafenpromenade. Ein Muss für Elba Besucher ist die Palazzina dei Mulini , die Winterresidenz des nach Elba verbannten Kaisers Napoleon. Sie war Schauplatz eines kurzen welthistorischen Geschehens: Am 3. Mai 1814, musste Napoleon seinen Gegnern nachgeben, als Kaiser abdanken und das neu gegründete Fürstentum Elba als neues Herrschaftsgebiet annehmen. Der explosivste Geist seiner Zeit wurde verbannt in beschauliche Kleinbürgerlichkeit. In kürzester Zeit ließ er sich hier einen kleinen Palast gestalten, der heute täglich außer dienstags besichtigt werden kann. Der Besucher erhält Einblick in die Räumlichkeiten, die Napoleon mit seiner Schwester Paolina Borghese bewohnte. Das Feldbett des Heerführers und seine Bibliothek lassen erahnen, dass er die Ruhe des Gartens wohl weniger genießen konnte. Von hier aus plante er seine Rückkehr auf den Kontinent, die 1815 in der Herrschaft der Hundert Tage und schließlich in der Niederlage bei Waterloo endete. Seine darauf folgende Verbannung nach Sankt Helena in die endlosen Weiten des Atlantiks soll wesentlich weniger komfortabel gewesen ein.

Am Camping und Strand Aquaviva vorbei wenden wir uns der Halbinsel Enfola zu, die wie ein Finger in den Norden zeigt. Ein Kegelberg türmt sich als Kap vor der Landzunge und bietet einen Ausblick, der weit über Portoferraio und den Osten der Insel reicht. Hier lagern wir einige Tage im Camping Enfola, dessen Terrassen von jedem Platz aus Meeresblick bieten. Bei Sonnenuntergang ist der Blick zur Nachbarinsel Korsika unbezahlbar. Setzt der Wohnmobil-Reisende seine Umrundung Elbas fort, stößt er gleich hinter Portoferraio auf eine nächste Hinterlassenschaft des „Grand Empereur“. In San Martino liegt der Sommersitz Napoleons mit herrlicher Sicht bis in den Golf von Portoferraio. Spektakulär ist die Reise zum höchsten Berg der Insel: dem Monte Capanne mit einer Höhe von 1019 Metern. In einem offenen Käfig der Seilbahn schwebt der Besucher von der Talstation Marciana Alta 660 Meter in die Höhe, das Meer und den Ausgangsort Marciana ständig im Blickfeld. Eine echte Herausforderung für Menschen mit Höhenangst. Vom Gipfel entschädigt ein majestätischer Ausblick auf Enfola, Portoferraio und ganz Elba. Mit Marciana betritt der Besucher die älteste Stadt Elbas. Es ist eine römische Gründung, die sich mit ihren engen, blumengeschmückten Gassen und dem Castello Spaniolo, das Aussehen einer mittelalterlichen Kleinstadt bewahrt hat. Ein Katzensprung daneben liegt Poggio, auf dessen höchster Erhebung die Kirche San Nicolo aus dem 8. Jahrhundert thront. Zahlreiche herrliche Aussichtspunkte zum Meer und in die Bergwelt des Monte Capanne laden zu Wanderungen durch die mit Granitfelsen gespickte Mediterrane Gebüschlandschaft, der Macchia, ein.